Mütter dürfen nicht krank werden!

Mit dem Stichtag zum 1. Juli 2015 wurde das Elterngeld im BEEG modernisiert und das Elterngeld Plus eingeführt. Statt 12 Monate Basiselterngeld war möglich 24 Monate nur die hälftige Leistung zu erhalten. Das Model des Elterngeld Plus dient dem Gedanken, dass eine Mutter Anreize hat, um in den Beruf in Teilzeit zurückzukehren und dabei länger in der bezahlten Elternzeit zu bleiben. Dabei soll das Gehalt (nicht vollständig) auf das Elterngeld angerechnet werden, sodass eine Mutter mehr als nur Mindestzahlung von 150,00 € erhält.

Nunmehr, wie es so kommen muss, werden auch Mütter krank. Manche so ernsthaft, dass sie aus der Entgeltfortzahlung nach EntgFG ausscheiden und ins Krankengeld wechseln. Was passiert dann mit dem Anspruch auf Elterngeld Plus? Der bleibt bestehen. Die Frage ist nur, in welcher Höhe?

Damit musste sich nunmehr das Bundessozialgericht in der Entscheidung B 10 EG 3/20 RS befassen.

Der Klägerin wurde das Krankengeld vollständig auf das Elterngeld Plus angerechnet, sodass sie nur einen Anspruch auf Mindestzahlung am Ende erhielt (150,00 €). Damit gab sie sich nicht zufrieden und klagte nach dem erfolglosen Widerspruchsverfahren durch alle Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit.

Das Sozialgericht gab der Klägerin Recht. 

Das Landessozialgericht hat in der Berufungsinstanz die Klage abgewiesen und die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Mit der Revision rügte die Klägerin die Verletzung des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BEEG. Das Ziel der Regelung, mit dem Elterngeld Plus und dem Gehalt das vorgeburtliche Einkommen teilweise zu ersetzen wird nicht erreicht, wenn die Lohnersatzleistung, zu der auch das Krankengeld gehört, anspruchsmindernd berücksichtigt wird. Die Mutter wird im Fall einer ernsthaften Erkrankung finanziell doppelt „bestraft“, weil sie sowohl nur einen Teil ihres Gehaltes durch Krankengeld erhält und auch elterngeldtechnisch nur auf den Mindestsatz zurückfällt.

Das Bundessozialgericht hat (leider) die Revision der Klägerin abgewiesen. Das Krankengeld als Lohnersatzleistung wird gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BEEG bei der Berechnung des Basiselterngeldes vollständig berücksichtigt. Nichts anderes gilt für das Elterngeld Plus. Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG ist nach der Auffassung des Bundessozialgerichts eindeutig. Die Förderung der Beschäftigung ist durch die doppelte Bezugsdauer mit der hälftigen Bezugshöhe ohne ein nachgeburtliches Einkommen gegeben. Eine Förderung durch die Nichtanrechnung der Lohnersatzleistungen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. 

Fazit:

Leider bestätigt sich die Lebensweisheit, dass Mütter nicht krank werden dürfen. Werden wir krank, so bricht das familiäre Leben zusammen. Und auch der finanzielle Rahmen. Der Gesetzgeber möchte nur gesunde und starke Mütter unterstützen, die keine drei Jahre die Hausfrau spielen und sich nur um Kinder, Küche und Wäsche kümmern. Frauen sollen schneller in den Arbeitsalltag zurückkehren. Auch nur in Teilzeit, aber dafür mit Elterngeld Plus. Nur hat der Gesetzgeber vergessen, dass die Gesundheit kein Automatismus ist und sich auch nicht steuern lässt. Vor allem in der Zeit der Pandemie lastet auf den Familien eine enorme Belastung, die ungeahnte psychische Krankheiten mit sich bringt. Auch nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass eine Schwangerschaft und Geburt für den weiblichen Körper und Gesundheit eine gewisse „Bombenexplosion“ sein kann. Danach ist die Welt nicht immer so, wie sie vorher war. 

Es wäre wünschenswert gewesen, dass das Bundessozialgericht ein Zeichen auch für angeschlagene Frauen gesetzt hätte, sodass auch diese Frauen nicht befürchten müssten bei längerer Krankheit trotz nomineller Berufstätigkeit in ein finanzielles Loch zu fallen.