Heute geht es wieder um einen skurrilen Fall, mit dem ich vor ca. einem Monat betraut wurde.
Es war wieder ein verrückter Bürotag, an dem meine ReFa mir mitteilte, dass ein Herr mit einem nicht aussprechbaren Namen schon sechs mal versucht hat mich zu erreichen. Als ich zurückgerufen habe, habe ich gedacht, dass es sich wieder um einen migrationsrechtlichen Fall handelt, weil der Herr einen starken afrikanischen Akzent hatte. Zu meinem Erstaunen sagte er mir jedoch, dass ihm seine Kettensägen abhandengekommen seien und er möchte, dass ich diese finde und zurückhole. Er hätte auch eine Rechtschutzversicherung, welche die Kosten decken würde. Weil allein schon diese Beschreibung so ungewöhnlich war, habe ich gedacht, wir sollen zumindest uns treffen und den Fall besprechen.
Gekommen zum Termin ist der Herr dann mit seinem Freund. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass die beiden Herrschaften aus einem afrikanischen Land stammen. Der Herr A kaufte in Deutschland zwei neue Kettensägen zum Gesamtpreis von ca. 3000 €. Diese Kettensägen waren für seine Familie im Land K bestimmt. Weil er allerdings nicht selber fliegen konnte, sondern sein Freund B fliegen sollte, hat der Freund B den Auftrag bekommen die Kettensägen ins Land K mitzunehmen. Dass diese Kettensägen gefährliche Gegenstände sein können und nicht ohne weiteres im Gepäck befördert werden dürfen, haben sich die beiden Herren nicht vorgestellt.
Und so landeten die Kettensägen in dem Koffer des Herrn B, welcher beim Check in abgegeben wurde. Als der Herr B im Land K landete und sein Koffer erhielt, musste er mit Staunen feststellen, dass die Kettensägen in seinem Koffer nicht mehr vorhanden waren. Im Koffer lag ein rosa Durchschlagszettel der Bundespolizei, dass die Kettensägen bei der Gepäcküberprüfung entnommen wurden und in Deutschland geblieben seien. Allerdings stand auf diesem Durchschlag nicht, wo die Kettensägen dann tatsächlich hingebracht wurden. Der Ärger war groß. Vor Ort mussten neue Kettensägen gekauft werden.
Zurück in Deutschland ging dann die Suche los. Zunächst ging der Herr B zur Bundespolizei mit dem Zettel. Diese sagte ihm, sie sei dafür nicht zuständig. Er möge sich an den Zoll wenden. Der Zoll fühlte sich allerdings für die Sache auch nicht zuständig und verwies den Herrn an das Fundbüro des Flughafens. Das Fundbüro des Flughafens war an diesem Tag geschlossen, sodass Herr B sich telefonisch melden musste. Endlich jemanden am Telefon im Fundbüro erreicht, erhielt er eine Aussage, dass die Kettensägen wahrscheinlich im Fundbüro seien, er diese jedoch nicht so herausgegeben bekommt und sich an einen Anwalt wenden möge, der ihm dann bei der suche behilflich sein soll. Und so landeten die Herrschaften bei mir.
Rechtlich ist der Fall relativ klar. Den Eigentum an den Kettensägen hat der Herr A, sodass ausschließlich er die Herausgabe der Kettensägen nach § 985 BGB verlangen kann. Schwieriger wird die Angelegenheit, weil niemand weiß, wo die Kettensägen sich befinden. Dass die Kettensägen nicht ohne weiteres im Koffer befördert werden konnten, war für die beiden Herren eine große Überraschung. Dass die Kettensägen auch vernichtet werden könnten, war für die Herren auch nicht befriedigend, weil im Grunde genommen der Herr A für die Kettensägen doppelt zahlen musste und natürlich die neue Ware nicht verlieren wollte.
Meine Recherche hat ergeben, dass aus dem Gepäck entnommene Sachen entweder im Fundbüro des Flughafens landen oder an die Fluggesellschaft, welche die Beförderung durchführt, übergeben werden. Landen die Sachen im Fundbüro, so werden sie sechs Monate lang aufbewahrt und danach entweder vernichtet oder versteigert. Der Eigentümer hat das Recht diese Sachen zurück zu erhalten, wenn er sein Rechtsstellung anzeigt und die Herausgabe geltend macht.
Bei der Beratung habe ich die Mandanten darauf hingewiesen, dass die Rechtschutzversicherung sehr überrascht über die Anfrage sein könnte und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie die Kosten meiner Tätigkeit nicht übernehmen wird. In diesem Fall müssen die Mandanten meine Gebühren selber bezahlen. Damit waren die einverstanden, weil die Kettensägen kostbar waren.
Wie ich vermutet habe, war die Rechtschutzversicherung sehr überrascht über meine Anfrage und hat bisher die Zusage für die Tätigkeit nicht erteilt. Ich gehe davon aus, dass der Mandant am Ende meine Rechnung selber bezahlen wird.
Sowohl die angeschriebene Fluggesellschaft, als auch das Fundbüro des Flughafens haben sich bisher tot gestellt und meine Anfrage nicht beantwortet. Und so werde ich weiter dran bleiben, damit die Kettensägen nicht erneut einen Abflug machen. 😁