Kinderkrankengeld

Больничный по уходу за ребёнком 2022

Коротко о самом главном: 

– 30 дней на ребёнка, но максимально 65 рабочих дней в году;

– 60 рабочих дней на ребёнка для одиноких родителей, но максимально 130 дней в году;

– До 19 марта 2022 включительно больничный по уходу за ребёнком может быть также взят по причине того, что ребёнок не болеет, но должен находиться дома с родителями, так как школа/садик закрыты или посещение этих заведений доступно только в ограниченном варианте. Также правило распространяется на случаи, в которых дети из-за результатов быстрого тестирования на наличие коронавируса не имеют право посвещать обучающее заведение или в соответствии с общедействующими правилами не должны посвещать эти заведения. Это правило также действует в случае официального продления школьных каникул.

Право получения больничных выплат по уходу за ребёнком не исключает права на возмещение материального ущерба по регламенту § 56, абз. 1а IfSG. 

Право получения больничных выплат по уходу за ребёнком есть только в том случае, если ребёнок также застрахован в государственной страховке. Если у ребёнка частное больничное страхование, то право получения больничных выплат по уходу за ребёнком на основании § 45 пятого социального кодекса (SGB V) исключено. В таком случае родители могут подать запрос на возмещение материального ущерба по регламенту § 56, абз. 1а IfSG. В большинстве случаев процесс запроса идёт через работодателя. Возмещению подлежат максимально 10 недель в году. Возмещение ущерба составляет 67% от средней нетто-зарплаты. 

Применение на практике: если Вы всё-таки попали в ситуацию, когда Ваш ребёнок должен оставаться дома из-за карантинных мер, то я советую Вам связаться с Вашей больничной кассой и попросить их переслать Вам специальный формуляр для подачи запроса о выплате больничных средств. Если у Вас уже на руках есть решения органов здравохранения об индивидуальных мерах карантина или правила карантина распространяются на определённую группу, к который относится и Ваш ребёнок, то при подаче заявления приложите соответствующие материалы, советы института Роберта Коха или индивидуальное решение о карантинных мерах, которые будут подтверждать необходимость прохождения карантина. Тем самым Вы ускорите процесс принятия решения Вашей больничной кассы и избежите дополнительных вопросов.

Kinderkrankengeld

Kinderkrankengeld 2022

Auch im Jahr 2022 können gesetzlich Versicherte, die Kinder haben, aufatmen. Die Regelung des § 45 Abs.2a SGB V wird verlängert.

Gem. § 45 Abs. 1 SGB V können gesetzlich Versicherte im Fall einer Kindererkrankung bei Kindern bis um 12. Lebensjahr Kinderkrankheitstage und Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen. Die Voraussetzung war bisher immer, dass aufgrund eines ärztlichen Attest eine Betreuung des versicherten Kindes in häuslicher Umgebung erforderlich war.

Gem. § 45 Abs. 2 S. 1 SGB V waren für jedes Kind jährlich höchstens 10 Tage, maximal jedoch 25 Tage vorgesehen. Alleinerziehende dürften in der Regel 25 Arbeitstage, jährlich jedoch höchstens 50 Arbeitstage in Anspruch nehmen.

Gem. § 45 Abs. 2. S. 3 SGB V werden 90% des Nettoarbeitsentgelts bei Angestellten und 70% des regelmäßig erzielten Arbeitseinkommens bei Selbständigen ersetzt.

Im Jahr 2021 wurde sodann wegen der Pandemie die Regelung des § 45 Abs. 2a SGB V eingefügt, wonach nicht nur die Anzahl der Tage, sondern auch die Gründe für die Beanspruchung von Kinderkrankengeld ausgeweitet wurden. 

Insbesondere wurden die Schließungen von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen und Quarantäneregelungen mitberücksichtigt. 

Inzwischen steht das Jahr 2022 vor der Tür und die Pandemie ist immer noch nicht vorbei. In Thüringen wurden mittlerweile die Schulferien verlängert und anschließend Distanzunterricht angeordnet. 

Der Gesetzgeber hat (vielleicht) auch deswegen die erweiterte Regelung des § 45 Abs. 2a SGB V auch ins Jahr 2022 übernommen.

Die wichtigsten Punkte im Jahr 2022 im Überblick:

  • 30 Arbeitstage pro Kind, jedoch höchstens 65 Arbeitstage im Jahr;
  • 60 Arbeitstage pro Kind für Alleinerziehende, jedoch höchstens 130 Arbeitstage im Jahr;
  • Bis zum 19. März 2022 kann Kinderkrankengeld auch dann beansprucht werden, wenn das Kind nicht krank ist, sondern zu Hause betreut werden muss, weil die Einrichtung entweder geschloßen ist oder nur eingeschränkt zugänglich ist. Das gleich gilt im Fall, wenn das Kind aufgrund des Antigenschnelltests die Einrichtung nicht betreten darf oder aufgrund behördlicher Empfehlungen die Einrichtung nicht besuchen soll oder durch die behördliche Anordnung die Schulferien verlängert wurden (s. Thüringen).

Der Anspruch auf Kinderkrankengeld schließt den Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz nicht aus, sondern steht daneben. Wird der Anspruch auf Kinderkrankengeld geltend gemacht, so ruht der Anspruch nach § 56 Abs. 1 a IfSG. 

Zu bedenken ist, dass der Anspruch auf Kinderkrankengeld nur dann besteht, wenn auch das Kind in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert ist. Ist das Kind privatversichert, so scheidet der Anspruch nach § 45 SGB V aus. 

Praxistipp: Sollten Sie (unerwartet) in eine Situation geraten, wenn Ihr Kind in die Quarantäne muss, so melden Sie sich bei Ihrer Krankenkasse und lassen Sie sich ein Antragsformular für die Beantragung von Kinderkrankengeld zuschicken. Falls die Quarantäne auf Verordnungen oder Allgemeinverfügungen beruht und keine Einzelfallentscheidung ergangen ist, legen Sie dem Antrag entsprechende Auszügen, Einschätzungen des RKI oder andere Unterlagen bei, die das Erfordernis der Quarantäne bestätigen. 

Keine präventive Hinweispflicht des Arbeitgebers auf Zusatzurlaub wegen Schwebehinderung gem. § 208 SGB IX.

Urt. des LAG Rheinland-Pfalz vom 14.01.2021 (5 Sa 267/19), Revision beim BAG unter 9 AZR 143/21 anhängig.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat im Januar 2021 entschieden, dass ein Arbeitgeber, der gar keine Kenntnis von der Schwerbehinderung seines Arbeitnehmers hat, nicht dazu verpflichtet ist diesen auf den Zusatzurlaub des § 208 SGB IX hinzuweisen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war von August 2016 bis Februar 2019 bei der Beklagten tätig. Der Beklagten wurde auf Antrag gem. §§ 88 SGB III auf deren Antrag Eingliederungszuschuss gewährt.

Seit 2014 war der Kläger schwerbehindert mit einem GdB von 50. Bei der Einstellung teilte der Kläger der Beklagten dies nicht ausdrücklich mit.

Nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis forderte der Kläger für Jahre 2016 bis 2018 Abgeltung für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen. 

Im Verfahren war streitig, ob die Beklagte auf andere Weise, als durch die Auskunft des Kläger von seiner Schwerbehinderung schon im Jahr 2016 Kenntnis erlangt hat. 

Das Arbeitsgericht Trier hat die Beklagte zur Zahlung u.a. der Urlaubsabgeltung für den Zusatzurlaub verurteilt. Das Gericht führte dazu aus, dass der Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX wie der Mindesturlaub nach BUrlG dann bis zum Ende des laufenden Jahres nicht verfalle, wenn der Arbeitgeber über den Urlaub und die Verfallfristen nicht belehre. Die Rechtsprechung des EuGH statuiere eine Hinweispflicht betreffend auch des Zusatzurlaubs (vgl. EuGH, 06.11.2018 – C-684/16). Dem Arbeitgeber ist es zumutbar auch in Unkenntnis der Schwebehinderung auf den Zusatzurlaub und die Verfallfrist hinzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Eine präventive Hinweispflicht ohne weitere Anhaltspunkte bestehe nicht. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet über alle möglichen Eventualitäten, auch wenn diese nicht in Betracht kommen, zu informieren. 

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger in der Berufungsinstanz die positive Kenntnis der Beklagten von seiner Schwebehinderung nicht nachweisen. Die angebotenen Beweise durch die Zeugenvernehmung konnten die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe durch die Stellung des Antrages auf Eingliederungshilfe nach §§ 88 ff. SGB III für schwerbehinderte Menschen davon Kenntnis erlangt, nicht bestätigt werden. 

Damit wird die bisherige Meinung in der Literatur, der Arbeitgeber braucht einen Zusatzurlaub nicht anzubieten, solange er keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitsnehmers hat, bestätigt. Diese Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH. 

 Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht sich ebenfalls der Literaturmeinung anschließt. 

Nur die Harten kommen in den Garten!

Heute geht es wieder um einen abgeschlossenen Fall. 

Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung muss ein Discounter an meine Mandantin zahlen. Zwar hat das Gericht ein Mitverschulden meiner Mandantin angenommen und damit ihr nur 50% des eingeklagten Betrages zugesprochen. Jedoch auch das ist ein sehr gutes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass sowohl außergerichtlich, als auch im gesamten Gerichtsverfahren die Beklagte die Pflichtverletzung bestritt und keine Einigungsbereitschaft bestand.

Aber worum ging es im Verfahren?

Am 2. Februar 2018 wollte meine Mandantin zusammen mit ihrer volljährigen Tochter ihren Wocheneinkauf im bekannten Discounter erledigen. Es war nass. Auf dem Parkplatz und vor dem Eingang lag Matsch. Im Eingangsbereich war der Boden gekachelt. Es standen damals noch Blumenregale. Weder war ein Hinweisschild „Vorsicht! Rutschgefahr!“ vorhanden, noch Schmutzfangmatten ausgelegt. Meine Mandantin rutschte aus, stieß mit dem Kopf gegen die Glastür und fiel. Bis heute fehlen ihr Erinnerungen an den Unfall. Ihre Tochter, die schon vorgegangen war, hörte Krach und sah, dass ihre Mutter auf dem Boden lag. Zusammen mit dem Filialleiter hat sie meine Mandantin in den Aufenthaltsraum gebracht und auf das Sofa gelegt, weil meine Mandantin weder laufen noch sitzen konnte. Statt eines Kühlpacks wurde meiner Mandantin eine tiefgefrorene Ganz aus der Tiefkühltruhe gebracht. 

Nach dem Eintreffen des Rettungswagens wurde meine Mandantin ins Krankenhaus gebracht. Es wurden Prellungen im Gesicht und Gesäß sowie Gehirnerschütterung festgestellt. Später wurde festgestellt, dass im Oberschenkel die Muskulatur gerissen war, die für Beinbewegung verantwortlich war.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus konnte meine Mandantin noch mind. 4 Wochen nicht laufen und sitzen. Ihr Ehemann musste sie überall hinfahren und die gesamte Hausarbeit übernehmen. Nach 6 Monaten hat sich der Riss erholt, jedoch ist die Muskulatur nicht ganz richtig zusammengewachsen, sodass meine Mandantin bleibende Schäden davonträgt.

Außergerichtlich hat der Discounter bzw. seine Haftpflichtversicherung jegliche Haftung abgelehnt. Bemerkenswert ist, dass es weder einen Unfallbericht, noch irgendeine andere Art der Dokumentation des Unfalls gab.

Weil wir außergerichtlich nicht weiter kamen, musste geklagt werden. Eingeklagt waren insgesamt über 5.000,00 €, sodass der Streit beim Landgericht Köln verhandelt wurde.

Der Discounter wurde durch eine namhafte Großkanzlei vertreten, die jedoch immer wieder sehr kuriose Angaben zum Sachverhalt machte. Im Wesentlichen wurde in rechtlicher Sicht vorgetragen, dass der Eingangsbereich alle 30 Minuten rechtsprechungskonform gewischt wird, sodass ausschließlich meine Mandantin wegen Unachtsamkeit für den Unfall verantwortlich war. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass in der Zwischenzeit die Filiale des Discounters so umgebaut wurde, dass im Eingangsbereich fest installierte Schmutzfangmatten eingebaut wurden. Die Prozessvertreter der Beklagten haben ernsthaft behauptet, die Matten waren schon zum Unfallzeitpunkt vorhanden. Dies konnten wir aber mit Fotos widerlegen.

Weil jegliche Vergleichsgespräche scheiterten, musste eine Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmung durchgeführt werden. Dabei kam raus, dass tatsächlich weder Schmutzfangmatten, noch ein Warnschild am Unfalltag im Eingangsbereich vorhanden waren. Die Mitarbeiterin der beklagten konnte sich an das Randgeschehen wenig erinnern, wusste aber GANZ GENAU, dass sie noch ca. 18-20 Minuten vor dem Unfall den Eingangsbereich trockenwischte. Das, obwohl ein keine Dokumentation der Wischvorgänge in der Filiale gab.

Das Gericht wies allerdings uns darauf hin, dass aufgrund der Tatsache, dass meine Mandantin die Filiale gut kannte, ein Mitverschulden anzunehmen ist. 

Der Kollege von der Gegenseite, ein „Grünschnabel“, der erst kurz vor der Sitzung die Akte erhalten hat und keine „Befugnisse“ besaß, pochte auf der bekannten Rechtsprechung des BGH. Das trotz des richterlichen Hinweises, dass fehlende Schmutzfangmatten und Hinweisschilder die Haftung auslösen könnten. 

Am Ende musste das Gericht eine Entscheidung treffen. Und diese fiel zu unseren Gunsten aus J

Meiner Mandantin wurde anteilig Schmerzensgeld, Ersatz des Haushaltsführungsschadens, Kosten der außergerichtlichen Anwaltstätigkeit zugesprochen. Was sehr wichtig ist, dass das Gericht festgestellt hat, dass der Discounter für alle zukünftigen Schäden, welche in Verbindung mit dem Unfall stehen, zu 50% ersatzpflichtig ist. Großartig!

Zur Haftung hat das Gericht ausgeführt, dass im vorliegenden Fall strengere Verkehrssicherungsplicht bestand. Wegen der anhaltenden Nässe im Eingangsbereich und der schon zuvor durchgeführten Matschbeseitigungsarbeiten hätte der Discounter im stark frequentierten Eingangsbereich mehr Maßnahmen ergreifen müssen, um der Plicht Genüge zu tun. Entweder hätten Schmutzfangmatten ausgelegt werden müssen, oder es hätte ein Warnschild aufgestellt werden müssen. Weil dies unterlassen wurde, hat der Discounter auch zu haften. 

Ob der Discounter nunmehr die Berufung bei dem Oberlandesgericht Köln einlegt, wird sich zeigen. 

Für meine Mandantin ist es ein gutes Ergebnis, insbesondere im Hinblick auf den Feststellungsantrag. 

Für mich ist es eine erneute Bestätigung, dass es Gerechtigkeit gibt. Und dass ich als angestellte Rechtsanwältin einer Kleinkanzlei auch große Discounter und deren Großkanzleivertreter bezwingen kann. 

Nur die Harten kommen in den Garten!

Hochwasser und Sozialrecht

Nur wenig Menschen wissen, dass sowohl SGB II, als auch SGB XII es vorsehen, dass „Sonderleistungen“ in schweren Lebenslagen auf Antrag zu gewähren sind.

  1. Unterkunftskosten.

Ist ein Unterkunft unbewohnbar, so können die Kosten der Ersatzunterkunft (Hotel- oder Pensionskosten) übernommen werden. Gem. § 67 Abs. 3 SGB II bzw. § 141 Abs. 3 SGB XII gelten in den ersten 6 Monaten nach Antragstellung die Kosten der Unterkunft und Heizung als angemessen unabhängig von deren Höhe. Ein Verweis auf de Notunterkunft wäre in diesem Fall unrechtmäßig.

Auch die Kosten der Entsorgung oder der Trocknungsarbeiten könnten u.U. auf Antrag übernommen werden.

  1. Bekleidung und Hausrat.

Sind die Sachen vollständig zerstört, so können die Kosten für die Neubeschaffung gem. § 24 Abs. 3 SGB II bzw. § 31 Abs. 2 SGB XII ebenfalls auf Antrag erstattet bzw. gewährt werden. Allerdings sollte bedacht werden, dass Einkünfte, welche auf das gleiche Ziel der Neubeschaffung der Kleidung oder Hausrates gerichtet sind, auf die Leistungen angerechnet werden können.

  1. Einsatz des Vermögens.

Gem. § 67 Abs. 2 GB II ist bis Dezember 2021 die Vermögensprüfungsgrenze hochgestuft worden. In Anlehnung an die Vorgaben für die Bundesagentur für Arbeit in Verbindung mit den Regelungen für ALG I gilt bis zum 31.12.2021 für die erste Person der Bedarfgemeinschaft die Grenze von 60.000 € und für jede weitere Person – 30.000 €. 

Etwas anderes gilt im SGB XII. Die Schongrenze des § 90 SGB XII wurde nicht verändert und verbleibt bei 5.000 €. Bei einer Tätigkeit aus unselbständiger und selbständiger Tätigkeit liegt diese ebenfalls unverändert bei 25.000 €. Liegt ein Komplettverlust von Haushaltsgegenständen und Kleidung wegen Hochwasser vor, so dürfte ein Härtefall vorliegen und die Vermögenseinsetzung nicht erforderlich sein.

Und dann machten die Kettensägen den Abflug.

Und dann machten die Kettensägen den Abflug.

Heute geht es wieder um einen skurrilen Fall, mit dem ich vor ca. einem Monat betraut wurde.

Es war wieder ein verrückter Bürotag, an dem meine ReFa mir mitteilte, dass ein Herr mit einem nicht aussprechbaren Namen schon sechs mal versucht hat mich zu erreichen. Als ich zurückgerufen habe, habe ich gedacht, dass es sich wieder um einen migrationsrechtlichen Fall handelt, weil der Herr einen starken afrikanischen Akzent hatte. Zu meinem Erstaunen sagte er mir jedoch, dass ihm seine Kettensägen abhandengekommen seien und er möchte, dass ich diese finde und zurückhole. Er hätte auch eine Rechtschutzversicherung, welche die Kosten decken würde. Weil allein schon diese Beschreibung so ungewöhnlich war, habe ich gedacht, wir sollen zumindest uns treffen und den Fall besprechen.

Gekommen zum Termin ist der Herr dann mit seinem Freund. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass die beiden Herrschaften aus einem afrikanischen Land stammen. Der Herr A kaufte in Deutschland zwei neue Kettensägen zum Gesamtpreis von ca. 3000 €. Diese Kettensägen waren für seine Familie im Land K bestimmt. Weil er allerdings nicht selber fliegen konnte, sondern sein Freund B fliegen sollte, hat der Freund B den Auftrag bekommen die Kettensägen ins Land K mitzunehmen. Dass diese Kettensägen gefährliche Gegenstände sein können und nicht ohne weiteres im Gepäck befördert werden dürfen, haben sich die beiden Herren nicht vorgestellt.

Und so landeten die Kettensägen in dem Koffer des Herrn B, welcher beim Check in abgegeben wurde. Als der Herr B im Land K landete und sein Koffer erhielt, musste er mit Staunen feststellen, dass die Kettensägen in seinem Koffer nicht mehr vorhanden waren. Im Koffer lag ein rosa Durchschlagszettel der Bundespolizei, dass die Kettensägen bei der Gepäcküberprüfung entnommen wurden und in Deutschland geblieben seien. Allerdings stand auf diesem Durchschlag nicht, wo die Kettensägen dann tatsächlich hingebracht wurden. Der Ärger war groß. Vor Ort mussten neue Kettensägen gekauft werden.

Zurück in Deutschland ging dann die Suche los. Zunächst ging der Herr B zur Bundespolizei mit dem Zettel. Diese sagte ihm, sie sei dafür nicht zuständig. Er möge sich an den Zoll wenden. Der Zoll fühlte sich allerdings für die Sache auch nicht zuständig und verwies den Herrn an das Fundbüro des Flughafens. Das Fundbüro des Flughafens war an diesem Tag geschlossen, sodass Herr B sich telefonisch melden musste. Endlich jemanden am Telefon im Fundbüro erreicht, erhielt er eine Aussage, dass die Kettensägen wahrscheinlich im Fundbüro seien, er diese jedoch nicht so herausgegeben bekommt und sich an einen Anwalt wenden möge, der ihm dann bei der suche behilflich sein soll. Und so landeten die Herrschaften bei mir.

Rechtlich ist der Fall relativ klar. Den Eigentum an den Kettensägen hat der Herr A, sodass ausschließlich er die Herausgabe der Kettensägen nach § 985 BGB verlangen kann. Schwieriger wird die Angelegenheit, weil niemand weiß, wo die Kettensägen sich befinden. Dass die Kettensägen nicht ohne weiteres im Koffer befördert werden konnten, war für die beiden Herren eine große Überraschung. Dass die Kettensägen auch vernichtet werden könnten, war für die Herren auch nicht befriedigend, weil im Grunde genommen der Herr A für die Kettensägen doppelt zahlen musste und natürlich die neue Ware nicht verlieren wollte.

Meine Recherche hat ergeben, dass aus dem Gepäck entnommene Sachen entweder im Fundbüro des Flughafens landen oder an die Fluggesellschaft, welche die Beförderung durchführt, übergeben werden. Landen die Sachen im Fundbüro, so werden sie sechs Monate lang aufbewahrt und danach entweder vernichtet oder versteigert. Der Eigentümer hat das Recht diese Sachen zurück zu erhalten, wenn er sein Rechtsstellung anzeigt und die Herausgabe geltend macht.

Bei der Beratung habe ich die Mandanten darauf hingewiesen, dass die Rechtschutzversicherung sehr überrascht über die Anfrage sein könnte und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie die Kosten meiner Tätigkeit nicht übernehmen wird. In diesem Fall müssen die Mandanten meine Gebühren selber bezahlen. Damit waren die einverstanden, weil die Kettensägen kostbar waren. 

Wie ich vermutet habe, war die Rechtschutzversicherung sehr überrascht über meine Anfrage und hat bisher die Zusage für die Tätigkeit nicht erteilt. Ich gehe davon aus, dass der Mandant am Ende meine Rechnung selber bezahlen wird.

Sowohl die angeschriebene Fluggesellschaft, als auch das Fundbüro des Flughafens haben sich bisher tot gestellt und meine Anfrage nicht beantwortet. Und so werde ich weiter dran bleiben, damit die Kettensägen nicht erneut einen Abflug machen. 😁

Ewig prüfe, wer sich bindet!

Heute werde ich weniger über das rechtliche, sondern eher über das menschliche sprechen.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich sehr blauäugig und gutgläubig bin. Ich glaube an das Gute im Menschen.

Aber immer wieder muss ich feststellen, das auch Menschen, die einem sehr nah stehen, einen sehr schwer hintergehen können. So ist es auch im Fall meiner Mandantin passiert. Weil der Fall noch laufend ist, kann ich noch nichts dazu sagen, wie das Verfahren ausgehen wird.

Die Frau habe ich kennen gelernt, als ich bei der Beratungsstelle des Kölner Anwaltvereins die Sprechstunden übernahmen. Diese Sprechstunden können von den Menschen aufgesucht werden, die nicht in der Lage sind eine anwaltliche Beratung zu bezahlen. Das Land trägt in diesem Fall die Kosten der Beratung, welche sich ausschließlich auf die Erstberatung begrenzt und nur 30 Minuten lang ist. 

Meine spätere Mandantin war die dritte an diesem Tag. Klar, in der Zeit in der Pandemie trägt man Masken und hält Abstand. Aber als sie vor mir saß, habe ich gemerkt wie verzweifelt sie war. Sie hat mir erzählt, sie sei verheiratet und habe fünf Kinder. Sie sei geringfügig beschäftigt und weiß nicht mehr weiter. Sie wurde verklagt und war schon zusammen mit ihrem Ehemann bei seiner befreundeten Rechtsanwältin, welche sie zusammen mit dem Ehemann beraten habe. Trotzdem würde sie befürchten, dass der Ehemann sie belügen würde und ihr gefälschte Unterlagen gegeben habe, welche sie beim Gericht einreichen sollte.

Im Laufe des Gesprächs kam raus, dass das Fahrzeug, welches auf meine Mandantin zugelassen ist, aber von ihrem Ehemann gekauft wurde und auch die Versicherungsbeiträge von ihm bezahlt werden, von ihm regelmäßig genutzt wird. Es gab einen Verkehrsunfall, der von dem Ehemann unverschuldet war. Der Ehemann versicherte meiner Mandantin, dass er alles regeln werde. Dies hat er auch gemacht. Die gegnerische Haftpflichtversicherung zahlte den gesamten Schaden auf sein Konto. Den Zugriff auf sein Konto hat meine Mandantin nicht. Der Ehemann ging daraufhin in die Werkstatt und beauftragte die Reparaturen. Nachdem die Reparaturen ausgeführt wurden, hat er angeblich die Rechnung bezahlt. 

Und plötzlich erreichten meine Mandantin die Rechnungen, Mahnungen, weitere Schreiben und ein Mahnbescheid. Der Ehemann versicherte die ganze Zeit, dass es doch nicht sein kann, weil das Geld schon längst an die Werkstatt angewiesen wurde. Als die Frau gegen den Mahnbescheid den Widerspruch eingelegt hat, ging es in das streitige Verfahren vor das Amtsgericht Köln über. In die Beratung kam die Frau, als das Verfahren schon fortgeschritten war und sie merkte, dass sie nicht mehr selber mit der Verteidigung weiterkam.

Als ich mir ihre Geschichte angehört habe und die Klage sowie ihre Äußering durchgelesen habe, habe ich verstanden, dass diese Frau Hilfe braucht. Also habe ich ihr geraten, weil sie eben den Verdacht hatte, dass der Ehemann ihr falsche Unterlagen für die Prozessführung gegeben hat, sich von der Rechtsanwältin, welche sie zusammen mit ihrem Ehemann beraten hat, zu trennen und auch den Ehemann nicht mehr in die Sache miteinzubeziehen. Es könnte sein, dass der Ehemann tatsächlich hier durch sie ein Prozessbetrug begehen könnte und im schlimmsten Fall sie gegen ihren Ehemann vorgehen müsst. Dann habe ich ihr meine Karte gegeben und wir haben uns getrennt. 

Drei Wochen später meldete sich die Frau bei mir und bat mich ihr Verfahren zu übernehmen. Dies habe ich auch gerne gemacht.

Nachdem ich die Gerichtsakte erhalten habe und diese auch vollständig gesichtet habe, wobei ich gemerkt habe, dass die Klägerin es sich ziemlich einfach macht indem sie einfach behauptet, dass meine Mandantin ihre Vertragspartnerin geworden ist, obwohl meine Mandantin nie vor Ort in der Werkstatt war und keinen Auftrag erteilt hatte, habe ich das Gefühl bekommen, dass meine Mandantin auch deswegen die Verantwortung für das Verhalten des Ehemannes tragen soll, weil bei ihr kein pfändbares Einkommen vorliegt, so dass auch im Fall des Klagezuspruch die Klägerin kein Geld erhalten wird. Im Gegensatz dazu hat ihr Ehemann gute Einkünfte, allerdings auch gewisse Pfändungen auf seinem Konto.

Nunmehr ist die Situation auch deswegen verschärft, weil in der Zwischenzeit meine Mandantin in Abwesenheit ihres Ehemannes auf dem Computer recherchierte und auch die Original – Kontoauszüge gefunden hat, auf welchen die Zahlung an die Klägerin nicht ersichtlich ist. Sowohl die Original-Kontoauszüge, als auch die gefälschten Kontoauszüge hat sie mir übersandt. Wenn man diese nebeneinander legt, so sieht man, dass auf dem gefälschten Kontoauszug eine Zahlung eingefügt wurde. Dies erklärt natürlich, dass die Klägerin bis heute ihr Geld nicht erhalten hat. Diese Zahlung gab es einfach nicht. 

Nunmehr in meiner Stellungnahme an das Gericht habe ich die Situation richtig gestellt und auch weitere Punkte angeführt, warum meine Mandanten gar keine Vertragspartnerin der Werkstatt geworden ist und sie auch deswegen nicht in Anspruch zu nehmen ist. Desweiteren habe ich dem Ehemann der Mandantin den Streit verkündet, sodass im Fall der Fälle, wenn das Gericht zum Ergebnis kommt, dass meine Mandanten wirksam durch ihren Ehemann vertreten worden ist, meine Mandantin gegen ihren Ehemann vorgehen kann.

Selbstverständlich ist nunmehr die Ehe zwischen den Eheleuten zerrüttet. Es wird früher oder später zu einer Trennung und Scheidung kommen. Meine Mandantin ist ziemlich am Boden zerstört, weil sie nie gedacht hat, dass der Vater ihrer Kinder sie so hintergehen kann und sie sehenden Auges in ein finanzielles Ruin treiben würde. Sie war leider mehrere Jahre viel zu gut gläubig und hat ihren Partner vertraut. 

„In guten wie in schlechten Zeiten!“

Mütter dürfen nicht krank werden!

Mit dem Stichtag zum 1. Juli 2015 wurde das Elterngeld im BEEG modernisiert und das Elterngeld Plus eingeführt. Statt 12 Monate Basiselterngeld war möglich 24 Monate nur die hälftige Leistung zu erhalten. Das Model des Elterngeld Plus dient dem Gedanken, dass eine Mutter Anreize hat, um in den Beruf in Teilzeit zurückzukehren und dabei länger in der bezahlten Elternzeit zu bleiben. Dabei soll das Gehalt (nicht vollständig) auf das Elterngeld angerechnet werden, sodass eine Mutter mehr als nur Mindestzahlung von 150,00 € erhält.

Nunmehr, wie es so kommen muss, werden auch Mütter krank. Manche so ernsthaft, dass sie aus der Entgeltfortzahlung nach EntgFG ausscheiden und ins Krankengeld wechseln. Was passiert dann mit dem Anspruch auf Elterngeld Plus? Der bleibt bestehen. Die Frage ist nur, in welcher Höhe?

Damit musste sich nunmehr das Bundessozialgericht in der Entscheidung B 10 EG 3/20 RS befassen.

Der Klägerin wurde das Krankengeld vollständig auf das Elterngeld Plus angerechnet, sodass sie nur einen Anspruch auf Mindestzahlung am Ende erhielt (150,00 €). Damit gab sie sich nicht zufrieden und klagte nach dem erfolglosen Widerspruchsverfahren durch alle Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit.

Das Sozialgericht gab der Klägerin Recht. 

Das Landessozialgericht hat in der Berufungsinstanz die Klage abgewiesen und die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Mit der Revision rügte die Klägerin die Verletzung des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BEEG. Das Ziel der Regelung, mit dem Elterngeld Plus und dem Gehalt das vorgeburtliche Einkommen teilweise zu ersetzen wird nicht erreicht, wenn die Lohnersatzleistung, zu der auch das Krankengeld gehört, anspruchsmindernd berücksichtigt wird. Die Mutter wird im Fall einer ernsthaften Erkrankung finanziell doppelt „bestraft“, weil sie sowohl nur einen Teil ihres Gehaltes durch Krankengeld erhält und auch elterngeldtechnisch nur auf den Mindestsatz zurückfällt.

Das Bundessozialgericht hat (leider) die Revision der Klägerin abgewiesen. Das Krankengeld als Lohnersatzleistung wird gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BEEG bei der Berechnung des Basiselterngeldes vollständig berücksichtigt. Nichts anderes gilt für das Elterngeld Plus. Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG ist nach der Auffassung des Bundessozialgerichts eindeutig. Die Förderung der Beschäftigung ist durch die doppelte Bezugsdauer mit der hälftigen Bezugshöhe ohne ein nachgeburtliches Einkommen gegeben. Eine Förderung durch die Nichtanrechnung der Lohnersatzleistungen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. 

Fazit:

Leider bestätigt sich die Lebensweisheit, dass Mütter nicht krank werden dürfen. Werden wir krank, so bricht das familiäre Leben zusammen. Und auch der finanzielle Rahmen. Der Gesetzgeber möchte nur gesunde und starke Mütter unterstützen, die keine drei Jahre die Hausfrau spielen und sich nur um Kinder, Küche und Wäsche kümmern. Frauen sollen schneller in den Arbeitsalltag zurückkehren. Auch nur in Teilzeit, aber dafür mit Elterngeld Plus. Nur hat der Gesetzgeber vergessen, dass die Gesundheit kein Automatismus ist und sich auch nicht steuern lässt. Vor allem in der Zeit der Pandemie lastet auf den Familien eine enorme Belastung, die ungeahnte psychische Krankheiten mit sich bringt. Auch nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass eine Schwangerschaft und Geburt für den weiblichen Körper und Gesundheit eine gewisse „Bombenexplosion“ sein kann. Danach ist die Welt nicht immer so, wie sie vorher war. 

Es wäre wünschenswert gewesen, dass das Bundessozialgericht ein Zeichen auch für angeschlagene Frauen gesetzt hätte, sodass auch diese Frauen nicht befürchten müssten bei längerer Krankheit trotz nomineller Berufstätigkeit in ein finanzielles Loch zu fallen.  

Arbeitslosengeld I beim Umzug ins EU-Ausland.

Diese Möglichkeit ist nicht sehr bekannt. Auch beim Suchen im Internet findet man nicht viele hilfreiche Informationen. 

Im Fachanwaltslehrgang Sozialrecht wurde das Thema ebenfalls nicht besprochen, sodass ich damit zum ersten Mal konfrontiert wurde, als ich eine Anfrage aus München erhielt die Mandantin dazu zu beraten und ihr beim Ausfüllen der Unterlagen zu helfen.

Also habe ich mich zunächst auf die Suche nach der Rechtsgrundlage begeben. Die Besonderheit des Falles war, dass meine Mandantin die Tätigkeit auch noch selber gekündigt hat, weil dem Familienumzug nach Italien anstand. Mit dem Antrag auf Bewilligung der ALG I-Leistungen wurde auch der Antrag auf Zahlungen der Leistungen im EU-Ausland gestellt. 

Die Rechtsgrundlage dafür findet sich im Art. 64 VO (EG) 883/2004. Erfüllt ein Arbeitsloser die Voraussetzungen des SGB III und hat einen Anspruch auf LAG I, so kann er diesen und die damit verbundenen Zahlungen auch mit ins EU-Ausland in der Regel für 3 Monate mit einer Verlängerungsoption für weitere 3 Monate mitnehmen.

Die formale Voraussetzung ist, dass der Umzug mindestens 4 Wochen vorher gemeldet wird, damit die örtliche BA noch die Möglichkeit hat Stellenangebote zu schicken, um ggf. den Umzug zu vermeiden. Im Fall meiner Mandantin war dies jedoch sinnlos, weil der Umzug nach Italien zur Familie und dem Ehemann erfolgte, sodass ein Verbleib in Deutschland ausgeschloßen war. Auf Nachfrage wurde meiner Mandantin auch eine frühere Ausreise genehmigt.

Um den Transfer der Leistungen zu beantragen, muss die Form PD U2 ausgefüllt werden. Die Bewilligung erfolgt zunächst für 3 Monate, vorausgesetzt die Meldung bei der zuständigen Arbeitsverwaltung erfolgt fristgemäß. Diese Meldung muss auch nachgewiesen werden, damit die Leistungen nicht wieder aufgehoben werden. Die Verlängerung um weitere 3 Monate muss ebenfalls rechtzeitig beantragt werden und erfolgt in der Regel problemlos.

Zu beachten ist, dass bei der Verhängung der Sperrzeit auch auf die transferierten Leistungen Auswirkung hat. 

Im Fall meiner Mandantin haben wir zunächst erfolgreich die Sperrzeit wegen Eingenkündigung gem. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III wegen der existierenden Rechtsprechung zum Ehegattennachzug i.S.e. wichtigen Grundes nach Abs. 1 S. 1 aufgehoben bekommen. Sodann ist meine Mandantin nach Italien gezogen und hat sich da unverzüglich bei der örtlichen Arbeitsverwaltung als arbeitssuchend gemeldet, sodass ihr die ALG I-Leistungen bezahlt wurden. Auch die Verlängerung erfolgte reibungslos, allerding für 2 weitere Monate, weil meine Mandantin in den Mutterschutz wechselte.

Und, oh Wunder J, erhielt sie von der deutschen Krankenkasse gem. Art. 17 ff. VO (EG) 883/2004 auch noch Mutterschaftsgeld. 

Ende gut, alles gut. Auch wenn die Regelungen im sozialrechtlichen Bereich teilweise erheblich kritisiert wurden, zeigt dieser Fall, dass ein Mensch auf seine „verdiente“ soziale Absicherung zählen kann, auch wenn der Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben wird.

Der „Joghurtbecher“-Fall.

Der „Joghurtbecher“-Fall.

Ich war gerade dabei mir für den ersten Beitrag Gedanken zu machen, welches Thema ich aussuche und über welchen außergewöhnlichen Fall aus meiner Praxis ich berichten kann, als meine Freundin mir ganz entrüstet über einen Vorfall im Supermarkt beim wöchentlichen Einkauf berichtete. 

Beim Ausladen der Waren auf das Band hat sie bemerkt, dass zwei Joghurtbecher kaputt waren. Sie wollte diese nicht mehr kaufen, die Kassiererin habe sie jedoch böse angeschnauzt und die Becher trotzdem durch die Kasse gezogen und ihr berechnet. 

Wir quatschten ganz gemütlich auf dem Weg vom Kindergarten wie zwei Mütterchen und regten uns über das Verhalten der Kassiererin auf. Und plötzlich dachte ich darüber nach, wie die Rechtslage im Fall meiner Freundin tatsächlich war. 

Recht begleitet uns überall und immer. Aber nicht immer sind wir darauf vorbereitet. Warum komplizierte Themen erläutern, wenn eine einfache Situation im Supermarkt eine Juristin zum Grübeln bringt?!

Die Kernfrage der Geschichte ist: „Bin ich dazu gezwungen Ware, die kaputt gegangen ist, zu kaufen?

Nein.  

Der Kaufvertag zwischen dem Kunden und dem Supermarkt kommt mit dem Scannen der Ware an der Kasse und dem Bezahlvorgang zu Stande. Die ausgestellt Ware ist ein Angebot an alle Kunden, diese Ware zu kaufen ( lat. Invitatio ad offerendum). Das konkrete Angebot macht der Kunde, indem er die Ware aufs Band an der Kasse legt. Und der Supermarkt, vertreten durch die Kassiererin, nimmt das Angebot auf Abschluß eines Kaufvertrages an, indem es die Ware scannt. Sagt der Kunde vor dem Scannen: „Ich möchte es doch nicht kaufen“, so zieht er sein Angebot zurück und der Vertrag wird nicht geschloßen.

Meine Freundin konnte also ganz entspannt ihre Meinung ändern und die Joghurts nicht mehr kaufen, weil sie entdeckt hat, dass diese beschädigt waren. 

Und nu? Fall zu Ende? Nein, so einfach geht es leider nicht.

Falls meine Freundin, auch fahrlässig, die Verpackung beschädigt hat, schuldet sie dem Supermarkt einen Schadensersatz aus deliktischer Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB. Sie hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Der Supermarkt ist immer noch der Eigentümer der mittlerweile kaputten Joghurtbecher. Und falls meine Freundin aus Unachtsamkeit die Deckel beschädigt hat, hat sie so das Eigentum des Supermarktes verletzt und ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Und der Schaden ist der Kaufpreis in diesem Fall. Also müsste sie den Kaufpreis bezahlen, ohne dass ein Kaufvertrag zustande kommt. 

Falls meine Freundin die kaputten Becher schon aus dem Regal entnommen hat (was gelegentlich auch mir passiert), so ist sie natürlich nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

In der Praxis wird der Fall so gelöst, dass der Supermarkt aus Kulanz in der Regel auf den Schadensersatz verzichtet. 

Entsteht im Supermarkt ein größerer Schaden, der vom Kunden verursacht wird, so muss dieser entweder durch den Kunden oder seine Haftpflichtversicherung ersetzt werden.